Am 08.03.2020 konnte in unserer Begegnungsstätte wieder eine Ausstellung der Gruppe Spektrum eröffnet werden. Und es war ein besonderer Tag, denn zugleich war Jubiläum: 25 Jahre Mal- und Zeichenkurse mit Hansfried Münchberg. Und über 100 kunstinteressierte Menschen nahmen daran teil. Unten ein kleiner Bericht mit Fotos und die Ansprache des anleitenden Künstlers Hansfried Münchberg.
Weil wegen der Schließung der Begegnungsstätte nur wenige Tage später aufgrund der Corona-Pandemie die Ausstellung nicht angesehen werden kann, hier im nachfolgenden Button der Link zur
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Fotos © Gabriele Schweer
Malkurse - Haus am Schwanenring
Vor ziemlich genau 25 Jahren habe ich erstmals die Räume der Begegnungsstätte betreten.
Wir waren erst im Jahr vorher von München nach Moers gezogen und kannten eigentlich fast Niemanden. Durch viele Zufälle zusammengekettet kam der Kontakt mit Frau Köhler, der damaligen Leiterin der Begegnungsstätte zustande.
Sie ließ über mehrere Leute anfragen, ob ich eventuell Interesse hätte, einen Malkurs in der gerade eröffneten Begegnungsstätte „Haus am Schwanenring“ anzubieten.
Am 25. April 1995 war es dann soweit. Frohgemut betrat ich die Räume der Begegnungsstätte, um meinen ersten Malkurs anzubieten, nicht ahnend, daß sich daraus eine Betätigung entwickeln würde, die über 25 Jahre wesentliche Veränderungen in meinem Leben nach sich ziehen würde.
Aus einem zunächst einmalig verabredeten Kurs von 5 Doppelstunden wurden nach kurzer Zeit 5 Kurse wöchentlich durchgehend über viele Jahre. Erst in den letzten Jahren habe ich die angebotenen Stunden etwas reduziert.
Meine Frau und ich haben durch die Malgruppe sehr viele nette Menschen kennen gelernt, es haben sich innige Kontakte und Freundschaften entwickelt. Mit einigen Gruppenmitgliedern waren wir mehrfach zu gemeinsamen Malferien in Italien und Holland. Gemeinsame Museumsbesuche in Münster, Köln, Essen und Duisburg haben uns Freude gemacht, Lange Malwochenenden, wo konzentriert über 8 Stunden gearbeitet wurde, gehörten auch dazu.
Inzwischen sind also 25 Jahre vergangen. Auf Frau Köhler, die die Begegnungsstätte einige Jahre mit sehr großen Engagement aufgebaut hat, folgte als Leiterin Anneliese Wendrich, genauso engagiert, kontaktfreudig und sehr an unserer Arbeit interessiert. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit. Als Frau Wendrich in den Ruhestand ging, kam ihr Nachfolger, Herr Langhoff, fünf Jahre später übernahm Herr Kley-Olsen die Leitung, der das inzwischen auch schon fünf Jahre unverdrossen macht.
So ein Jubiläum ist ja immer auch ein Grund zurückzudenken und etwas besinnlich zu werden. Darum möchte ich hier an liebe Freunde erinnern, die inzwischen verstorben sind.
Die ganz langjährigen Mitglieder werden sich erinnern an einen ruhigen, sehr freundlichen, älteren Herren, immer sehr zurückhaltend. Er war der vielen Moersern bekannte Pfarrer Heinz Sommer, der uns anvertraute, er habe sein Leben lang davon geträumt, einmal malen zu können, habe sich aber nie getraut damit anzufangen, bis zu jenem denkwürdigen 25. April 1995, wo er sich als Teilnehmer des allerersten Malkurses angemeldet hatte.
Nach den 5 Doppelstunden war er enttäuscht, dass der Kurs nicht weiter gehen sollte, nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass daraus eine Dauereinrichtung wurde.
Heinz Sommer hat mit großer Begeisterung bis zu seinem Tode im Oktober 2000 gemalt.
Erinnern möchte ich auch an Irene Lidecke, an Herrmann Hartmann, an Siegfried Hundsdörfer, an Martin Cherubim, und an Rosemarie Kaul.
Viele erinnern sich noch an Kurt Walter, Bergmann in Ruhestand, der mit freundlichem Wesen immer gute Laune verbreitete und sehr schöne, oft auch augenzwinkernd komische Bilder malte.
Hannelore Lünenstraß malte Bilder voller Harmonie, harmonisch wie sie selbst auch war.
Ihre letzten Lebenstage verbrachte sie in Krefeld in einem Hospiz. Unsere Gruppe hat, ihrer Bitte folgend, nach ihrem Tod jede Menge Bilder gespendet, die während einer adventlichen Veranstaltung mit der bekannten Sängerin Andrea Berg, zugunsten des Hospiz versteigert wurden.
Reiner Ditthard auch er war ein langjähriges Mitglied unserer Gruppe, immer bereit zu helfen, wenn Hilfe gebraucht wurde. Wir uns an Anna Haas-Rosner, an Katharina Großhauser und heute ganz besonders gerne an Johanna Gnoyke.
Ihre Tochter, Frau Ingrid Bosch hat kürzlich ein Bild von Hanni verkauft und den Erlös für unsere Gruppenkasse gespendet. So trinken wir heute unseren Sekt und Kaffee auf Johanna Gnoyke.
Natürlich erinnern wir uns auch an die verstorbenen Ehepartner unserer Mitmaler, die unsere Gruppe und unsere Ausstellungen gerne begleiteten, wir denken Hans Heinrich, an Klaus Sczimarosky, an Hans-Otto Lünenstraß und Bernd Busz, mit denen wir viele schöne Erinnerungen an gemeinsame Stunden verbinden.
Zu so einem Jubiläum gehören auch solche nachdenklichen Seiten, aber jetzt gehen wir wieder über zum Ernst des Lebens, zur Freude an der Kunst !
Viele die einmal bei uns angefangen haben zu Malen , sind dabei geblieben, nur Wenige sind nicht wiedergekommen.
Viele unserer Mitmaler haben so ihre Eigenheiten, zum Beispiel der sogenannte Farbsparverein. Man hört, wir der Pinsel laut über die Leinwand schrappt, oft muss ich daran erinnern, dass man Malen wirklich besser mit Farbe kann. Manche gehen voller Schwung und Optimismus an ein Bild heran, ganz nach dem Motto „Wird schon werden“, andere überlegen lange, tasten sich zaghaft heran, „Das möchte ich gern malen, aber, das ist doch viel zu schwer, das schaffe ich doch gar nicht“. Hier bedarf es dann manchmal intensiven Zuspruchs damit überhaupt angefangen wird. Aber, irgendwann wird angefangen und zu Ende gemalt.
Wie viele Bilder inzwischen gemalt wurden, wie viele Ausstellungen ausgerichtet wurden, wie viele Bilder dafür aufzuhängen waren, wie viele Reden zu halten waren, wieviel tausend Einladungen gedruckt und verteilt wurden, ich habe es nicht gezählt, aber es waren sehr, sehr viel.
Erwähnenswert neben den vielen gemeinsamen Ausstellungen und Einzelausstellungen seien die beiden gemeinsam gestalteten Gruppen- Kalender für die Jahre 2004 und 2005, genauso wie die Kalender im Jahr 2019, in großer Auflage für die Begegnungsstätte und für die Bewohner des Altenheimes.
An die 2005 gelaufene Aktion Bilderspende für das Schloer-Stift sei erinnert.
Fast alle haben sich spontan bereit erklärt, für die Flure des Altersheimes Bilder zu malen, großes Format, 60 x 80 cm, und die sind wirklich supergut geworden. Und weil es so gut geworden ist, hat auch gleich noch die „Altenheimat Vluyn“ angefragt, denen wir dann auch sehr viele schöne Bilder gespendet haben.
So sind im Laufe der Jahre viele sehenswerte Bilder entstanden. Ich habe die Stunden nicht gezählt, die dabei aufgewendet wurden, aber es kommen doch zusammengerechnet ein paar Tage zusammen. Das für mich Angenehme dabei ist, wir arbeiten in sehr entspannter Atmosphäre es gibt keinen Konkurrenzneid, keine Zickereien, kein Drama.
So macht es mir immer noch Spaß, geduldig wie am ersten Tag die Eigenheiten der Übereck-Perspektive zu erklären, darauf hinzuweisen, dass Wasseroberflächen nicht nur Spiegeln, sondern im Normalfall immer waagerecht sind. Es macht mir auch nichts aus, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Pinsel keine Besen sind, die man vor sich herschiebt, sondern diese liebevoll behandelt und gepflegt werden müssen.
Wenn ich nach den Kursen nach Hause fahre, denke ich bei mir „ Manchmal hören die sogar auf mich !“
Ein Grund, warum es mir Vergnügen macht, mit Euch zu arbeiten !
Unsere erste Ausstellung im Haus am Schwanenring, damals bereits unter dem Namen „Spektrum“ war am 28. März 1999. Schon damals berichtete die Rheinische Post „Bei uns arbeiten Anfänger und Fortgeschrittene zusammen. Die Neuen bringen immer wieder frische Ideen mit und die Alten können so manchen Tipp geben,“ beschreibt Hansfried Münchberg das Arbeitsprinzip, jeder darf seine Motive selbst bestimmen, dabei spielt es keine Rolle, ob die Bilder nach der Natur, der Phantasie oder einem Foto entstehen; nur eines ist absolut verpönt: Das kopieren anderer Kunstwerke. - Das gilt bis heute !
Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich den Malerinnen und den Malern der Gruppe Spektrum das Jahresthema „Kontraste“ zur Aufgabe gegeben.
„Was hast Du Dir dann denn da wieder einfallen lassen“ war noch einer der freundlichsten Kommentare dazu. Aber – das war ich ja schon von den vielen Jahresthemen vorher gewohnt, dass meine Vorschläge stets mit großer Begeisterung aufgenommen werden.
Dieses Jahr also – „KONTRASTE“
Im Sprachbrockhaus von 1951 ist Kontraste definiert als „Kontrast, -e, Gegensatz / zwei Menschen oder Dinge kontrastieren, unterscheiden sich scharf.
Hauptsächlicher Bestandteil des Wortes Kontrast ist ja des „Kontra“, also „gegen“, so war es also nicht verwunderlich, daß es erst einmal Gegenstimmen und Gegenargumente zu meinem Vorschlag gab.
Dies legte sich aber bald, als ich die vielen Möglichkeiten aufzeigte, die dieses Thema bietet.
Es gibt, um nur Einige zu nennen, zum Beispiel den Hell- Dunkel-Kontrast, den Schwarz- Weiß –Kontrast, den Groß- Klein –Kontrast, den Scharf- Stumpf- -Kontrast, den Rund- Eckig –Kontrast, den Hart- Weich- -Kontrast, den Rauh- Glatt –Kontrast, den Laut- Leise –Kontrast , den Nah- Fern–Kontrast , den Lieb- Böse – Kontrast, den Kalt- Warm –Kontrast, den Komplementär –Kontrast, den Simultan –Kontrast.
Bei den drei Letztgenannten sind wir schon ganz Nahe beim eigentlichen Gegenstand der Malerei.
Der französische Impressionist Georges Seurat hat einmal postuliert:
“ Kunst ist Harmonie. Harmonie wiederum ist Einheit von Kontrasten und Einheit von Ähnlichem, im Ton, in der Farbe, in der Linie.“
Von Vincent van Gogh kam die Erkenntnis: „Es sind Harmonien und Kontraste in den Farben verborgen, die ganz von selbst zusammenwirken !“
Wie von einen gebürtigen Hessen nicht anders zu erwarten, hat sich der große Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe systematisch und intensiv mit der Definition von Kontrasten in der Malerei beschäftigt. Ihm ist die klare Zuordnung der Komplementärkontraste zu verdanken. Seine 1810 erschienene Farbenlehre hielt Goethe für sein naturwissenschaftliches Hauptwerk und verteidigte die darin vertretenen Thesen hartnäckig gegen zahlreiche Kritiker. Im Alter äußerte er, dass er den Wert dieses Werks höher einschätze als den seiner Dichtung.
In seinen farbtheoretischen Studien hat er entdeckt, wie sich Farben gegenseitig harmonisch steigern lassen.
Zu diesem Zweck starrte er minutenlang auf eine hell beleuchtete Fläche in einer der Grundfarben, nehmen wir als Beispiel einmal ROT, entfernte diese Farbfläche schnell, starrte ohne zu unterbrechen, nun auf eine weiße Fläche und sah zu seinem Erstaunen statt weiß nun ein intensives GRÜN. Das Auge hat also ein Nachbild erzeugt. Nun machte er den gleichen Versuch mit der Farbe BLAU, hier erzeugte das Auge ein ORANGE als Nachbild. Ein weiterer Versuch mit GELB ergab im Nachbild ein sattes VIOLETT:
Der gleiche Versuch, dieses mal die Farben umgekehrt wurde GRÜN im Nachbild zu ROT usw.
Der Dichterfürst schloss daraus, das das menschliche Gehirn zu der jeweiligen Farbe gerne eine zweite Farbe ergänzen würde. In der Tat ergaben dann seine weiteren Versuche, dass er die Farben in der jeweiligen ergänzenden Kombination nebeneinander gesetzt, als ein besonders harmonische Farbspiel empfand.
Denken Sie einmal ganz kurz an ein Mohnblumenfeld, Knallrot in Sattgrün, ist das nicht schön?
Ein Komplemantärkontrast eben!
Farben die sich gegenseitig steigern finden wir auch im Kalt-Warm Kontrast, ein eiskaltes Türkisblau kann ein Rot zu einer höllenheißen Farbigkeit anschwellen lassen.
Im Qualitätskontrast können gebrochene Farben, also wenig leuchtende, stumpfe Farben, Braun- und Grautöne , eine klare, helle Farbe als viel intensiv strahlender erscheinen lassen.
Es sind also wohl die Gegensätze, die das Leben für uns interessant und harmonisch machen.
Nicht umsonst sagt man ja auch: „Gegensätze ziehen sich an“.
Ein weißes Blatt Papier vor einem weißen Hintergrund, das mag vielleicht manchen Puristen oder auch Vertreter der Minimalart zu Begeisterungsstürmen hinreißen, aber in seiner klaren Einfachheit gesteigert und wirklich intensiv erlebbar, weil sichtbar, wird es natürlich erst durch einen dunklen Hintergrund. Genauso reizvoll kann natürlich auch der sanfte Übergang von Helligkeit zu Dunkelheit oder von einer Farbigkeit in die jeweils kontrastierende Farbe empfunden werden.
Letzteren Effekt machten sich gerne die alten Meister der Malerei zu Nutze, wie zum Beispiel Rembrand, Rubens, Tizian oder Caravaggio, die sowohl ganz hell unmittelbar neben ganz Dunkel stellten, aber auch einen reizvollen Übergang von ganz Hell zu ganz Dunkel in die gleiche Komposition einbrachten.
Aus der fernöstlichen Philosophie kennen wir das Symbol von Yin und Yang, das die vollkommene Harmonie versinnbildlicht. Zwei Formen, dunkles Schwarz, reines Weiß, beide Formen identisch, jedoch gegeneinander gespiegelt und gedreht, ergeben zusammengefügt eine harmonische Kreisform. Gleichzeitig Symbol für Gegensatz und Harmonie, ebenso wie Sinnbild für das Männliche und Weibliche. Man sagt ja immer, Männer und Frauen passen nicht zueinander, trotzdem wird es immer wieder versucht. In manchen Fällen soll das auch in Harmonie ausgegangen sein. Sie kennen sicher aus ihrem engeren Umkreis solche Fälle!
Vielfach wird heute ja Malerei aus den Eingeweiden heraus betrieben und als besonders authentisch angepriesen, ich dagegen bevorzuge aus innerster Überzeugung heraus die Ansicht, dass Malerei zwischen den Ohren passieren muss. Ein gutes Bild entsteht im Kopf und seine Entstehung ist ein bewusster Vorgang.
Meine Überlegung bei dem ganzen Thema war natürlich nicht nur der farbtheoretische Aspekt oder die reine Malerei um der Malerei willen.
Die Malerei muss sich ja auch mit den Problemen des Lebens auseinandersetzen können, will sie nicht pure Dekoration für überm Sofa bleiben. Im Hinterkopf spielte für mich auch mit, man könne ja eigentlich zur Erkenntnis kommen, dass es gar nicht schlimm ist, wenn Gegensätzliches Miteinander passiert, dass sich das, ganz im Gegenteil, dieses nicht nur sehr gut vertragen kann, dass es sogar zur Steigerung des allgemeinen Wohlgefühles beitragen kann.
Wie lächerlich erscheint uns Menschen, dass der riesengroße Elefant vor einer im Vergleich winzigen Maus Angst hat, nur weil ihm niemand gesagt hat, dass Mäuse ihm nichts tun. Haben wir nicht auch manche lächerlichen Ängste, nur weil uns etwas ANDERS erscheint als wir es gewohnt sind ?
Können wir das Andere nicht einfach als Chance begreifen unser Leben zu bereichern, zu neuen Horizonten aufzubrechen ?
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine frohe bewusstseinserweiternde Entdeckungsreise durch unsere Ausstellung !