Am Sonntag 21.7.2019 eröffnete Hansfried Münchberg eine neue Ausstellung mit Bildern von drei KünstlerInnen seiner Mal- und Zeichenkurse. Hier seine Rede mit Erläuterungen zur Ausstellung.
Leben in Farben als Überbegriff über die gemalten Bilder die über einen langen Zeitraum entstanden sind, auf diesen Ausstellungstitel haben sich die Drei geeinigt und ich denke, er trifft ganz gut die Charakteristik dieser Ausstellung.
Elke Dumitru (seit 2000) , Sigrid Kiefer (seit 2007) und Horst Pannenbeckers (seit 2009) treffen hier so ziemlich jeden Mittwoch um drei, (oder sagen wir mal drei plus) ein, um sich der entspannenden Tätigkeit der Malerei hinzugeben.
So ziemlich jeden Mittwoch bemerken sie nach kurzer Zeit - so entspannt und vergnüglich, wie sich der nicht malende Laie das vorstellt, so einfach ist das mit dem Malen gar nicht.
Pausenlos sind Entscheidungen zu treffen, was kommt wohin, welche Farbe nehme ich, wie groß muss ich dieses und jenes darstellen, wie bekomme ich Harmonie ins Bild, wie mache ich mein Bild so ruhig dass man darin versinken kann, wie baue ich Spannung auf, damit der Betrachter auch wirklich hinguckt.
Trotz dieser zahlreichen Unwägbarkeiten herrscht aber während des Malens durchaus eine angenehme, ruhige Gelassenheit, die nur gelegentlich und nur kurz durch das Aufstöhnen Einzelner unterbrochen wird, wenn man sich mal wieder vor scheinbar unüberwindliche Probleme gestellt sieht.
Elke Dumitru ist heute nicht nur im Alphabet vorne, sie ist auch die Dienstälteste von den Dreien.
Von Landschaften über Menschen und Tiere hat sie sich so ziemlich an alles herangetraut, was das Malen schwierig macht. Insbesondere wenn es darum geht, Katzen zu malen, wird aus der quirligen Elke die ganz ruhige Elke. Man kann es sich nicht vorstellen, aber dann ist von ihr über die zwei Malstunden hinweg kaum etwas zu hören. Erstaunlicherweise hat sie heute aber gar keine Katzen ausgestellt.
Sie bietet Bilder die sehr starke Farbigkeit aufweisen und sehr bewegt sind, wie die Tulpennahaufnahmen, das sind Farbexplosionen, die aber gar nicht so wild gemalt wurden, wie sie aussehen. Hier kann sie sich vertiefen in allergrößte Sorgfalt, was die Farbkomposition und die Formen angeht, sie bietet aber auch ganz das Gegenteil, so zum Beispiel das großformatigere Bild mit dem Boot.
Ein symbolträchtiges Bild. Sehr konzentriert die Farbigkeit. Überwiegend Türkistöne, übergehend ins blaue, von da nach indigo und ins graublaue hinein harmonisch ineinandergehend wird ein tiefer Landschaftsraum erzeugt, obwohl gar keine Landschaft da ist. Man sieht eine Wasseroberfläche, obwohl nicht eine Welle gemalt ist. Keine Ente, kein Schwan zieht Kreise auf dem Wasser, totale Ruhe. Dabei zieht ein aus Grautönen entstandener Holzsteg in die Tiefe. Er leitet zu einem verhüllten Boot. Was mag sich unter der ordentlich glatt gezurrten Plane verstecken? Ist dieses Bild eine Metapher für unsere Fahrt ins Jenseits, für den Weg den wir nehmen, wenn der Steg zu Ende geht?
Ein Bild mit ebenfalls großer Symbolkraft, „Einfach glänzend“ heißt es, die spiegelnden Kugeln am Strand. Diese Kugeln, scheinbar metallisch, unterschiedlich groß, alle mit spiegelblanker Oberfläche, liegen wie scheinbar zufällig auf einem Sandstrand der mit einigen Steinansammlungen durchsetzt ist. Klar, einerseits spiegelt sich der Sand und die Steine darin, aber es spiegeln sich eben auch die benachbarten Kugeln, deren Spiegelbild wiederum die rückseitigen Spiegelungen der jeweils benachbarten Kugel wiederspiegelt. Auf diese Art wird eine Endlos Schleife in Gang gesetzt, denn es spiegeln sich darin dann wieder die gespiegelten Kugeln samt ihrem Spiegelbild usw und so fort. Es ist ein Bild voller Ruhe, aber mit ganz viel action.
Ruhe und Aktion zeichnen auch den Spannungsbogen in den Bildern die Sigrid Kiefer heute vorstellt.
Das Schwierigste für mich ist es immer, Sigrid davon zu überzeugen, dass sie das Motiv, das sie sich zum Malen ausgesucht hat, auch wirklich auf die Leinwand bringt. Sie ist immer wieder sagt sie: „Das ist doch zu schwierig“. Nach vielem guten Zureden und aufmuntern geht es aber dann doch los, immer wieder unterbrochen von dem Stoßseufzer, „das schaffe ich doch nicht, ich hätte doch etwas anderes aussuchen sollen!“
Erschwerend hinzu kam in der letzten Zeit, dass Sigrid schwer gehandicapt war, denn mit eingegipsten Arm und Hand lässt sich zugegebenermaßen wirklich schwer malen.
Seit der Gips ab ist, hat sie aber schon wieder bemerkenswerte Bilder zustande gebracht.
Ihr neuestes Werk, der trocken gefallene Katamaran, gibt uns Einiges zu denken. So ein Segelschiff ist schon etwas tolles. Es eröffnet uns den Weg zu neuen Horizonten, wir können einsteigen und ohne eigene Kraftanstrengung, nur durch cleveres Ausnutzen der Naturkräfte hinter die Erdkrümmung schauen, Die uralte Frage der Menschheit, was ist hinter der Grenze des Sichtbaren, wird dabei teilweise beantwortet, teilweise neu gestellt, denn auch wenn wir am Horizont angekommen sind, stellen wir fest, da ist ein neuer Horizont. Aber das ist ja auch gleich das Bewusstseinserweiternde, das Ausweiten des Horizonts. Allerdings, Pech gehabt !
Was nutzt das schönste Segelboot, wenn dir das Meer unter den Füßen weg verschwindet. Auf dem Bild ist klar zu sehen, das Boot liegt im Schlick fest. Nichts war es mit dem Aufbruch in neue Weiten. Jetzt heißt es , Stunden warten, bis das Wasser zurück kommt. Der Mensch, der eben noch die Naturkräfte für sich ausgebeutet hat, ist nun auf eben diese Naturkräfte angewiesen, kann sie nicht beeinflussen. Da sieht man mal, wie hilflos wir in Wirklichkeit sein können.
Ein anderes Rätsel gibt uns Sigrid mit ihrem als vorletztes entstandenen Bild auf. Die Treppe in die Endlichkeit, oder ist es die Unendlichkeit? Grobe, unbehauene Steinplatten, aufeinander gestapelt, nicht klar abgegrenzt gegen die Umgebung, die Vegetation drängt darüber hinweg. Wild und ungezügelt versucht die Natur, das vom Menschen geschaffene Bauwerk zu überwuchern. Eine Explosion der Farbigkeit führt Sigrid uns hier vor. So ziemlich alle Farben die die Natur uns zu bieten hat illustrieren das pralle Leben, Gelb, Ocker, Grün in allen Schattierungen, Blau, Weiß, Magenta, Umbra, Rosa und Violett, das Alles durchzogen von der uralten, unbelebten und ausgelatschten Materie der Steinplatten.
Wohin führt diese Treppe?
Klar ! Wir gehen hinauf, das ist kein Blick zurück, der Blick nach vorne gerichtet. Lange, mühsam, beschwerlich treppauf geht es, aber wie lang ist diese Treppe? Hier lässt uns Sigrid im Ungewissen. Wohin führt der Weg? Zu neuen Höhen, neuen Blicken? Neuen Erkenntnissen?
Es liegt wohl am Betrachter selbst zu entscheiden, wohin er gelangen wird.
Aber, wie das so ist bei Bildern, man muss sich erst mal drauf einlassen, einen Dialog mit dem Bild beginnen. Nicht gleich abhaken und sagen; „Aha, eine Treppe“ fertig.
Gehen Sie auf Entdeckungsreise in Ihr „innerstes Ich“, das macht Spaß und sie werden zum Entdecker!
Viel zu entdecken gibt es auch auf den Bildern von Horst Pannenbeckers. Im wahrsten Sinne des Wortes sind dieses sehr „vielschichtige“ Bilder.
Horst ist der Meister der gedehnten „Malzeit“. Ich habe bei meinen Bildern ja schon viel Geduld, aber Horst übertrifft diese um ein Vielfaches. Seine Bilder entstehen in scheinbar endlosen Prozessen und nur er weiß, wann seine Bilder endlich fertig sind.
Er legt immer wieder dünne Farbschichten auf die Leinwand, die immer und immer wieder überlagert werden von weiteren Farbschichten, die dann ebenfalls immer dünner und dünner werden.
Man glaubt es kaum, aber am glücklichen Ende kommen dann stark farbige Bilder heraus, die ebenfalls zum Interpretieren verleiten.
Eine nur als Silhouette erkennbare Figur tanzt vor einer Abendstimmung, balanciert sie am Abgrund?
Eine in der Tiefe liegende Wolkendecke scheint das zu assoziieren. In der Ferne grüßen viele, vor- und hintereinander gestaffelte Bergketten, zeigen die Weite, die aber unerreichbar scheint, weil da ja der unüberwindbare Abgrund vor mir ist. Andererseits scheint die Figur aber gar nicht verzagt und mutlos, scheinbar schwerelos und entspannt tänzelt sie im Hier und Jetzt.
Gerne geht Horst auch den Weg von der scheinbar realistischen Abbildung zu Abstraktion. Seine drehenden Dreiecke zum Beispiel, hier führt er eine scheinbare Bewegung in die Tiefe vor, oder kommen die Dreiecke aus dem Bild heraus, kommen sie auf uns zu. Drehen sie sich nach links oder nach rechts. Sind das transparente Scheiben, eine vor der anderen liegend, die Farbe der dahinter liegenden Scheiben verändert die Farbigkeit der vorne liegenden Scheiben, oder ist das nur eine Scheintransparenz ?
Was ist mit der Birne auf metallischen Untergrund? Ist das wirklich eine Birne? Rene Margritte hat einmal ein Bild gemalt, mit einer Pfeife darauf. Ganz groß darunter hat er geschrieben; „Das ist keine Pfeife“. Er hat uns vor Augen geführt, das das scheinbar Sichtbare nur in unserer Vorstellung auf dem Bild scheinbar Sichtbar, also surreal ist.
Mir kommt dieses bei der von Horst gemalten Birne beinahe ebenso surreal vor. Hat die nicht eine metallische Oberfläche? Der Glanz auf der gemalten Fläche deutet darauf hin. Schmeckt die nach „Gute Luise“, wenn ich reinbeiße, oder schmeckt die nach Magnesium oder nach Natrium? Beiße ich mir die Zähne daran aus oder ist sie saftig weich? Die heutige Ausstellung scheint mir sehr viele Fragen aufzuwerfen.
Es tut mir leid, dass ich Ihnen diese Fragen nicht beantworten kann. Sie müssen sich schon selbst auf die Suche nach der Wahrheit hinter den Bildwelten machen.
Insofern wünsche ich Ihnen eine spannende Entdeckungsreise in die Welt der Bilder und in die Welt hinter den Bildern.
(vl.n.r.) Hansfried Münchberg, Sigrid Kiefer, Elke Dumitru, Horst Pannenbeckers